Schnee, Schnee und nochmals Schnee im Januar 2021. Es herrscht grosse Lawinengefahr. Über­all donnern Lawinen nieder, auch am Brienzer­see. Die Bahnstrecke der Zentralbahn wird ver­schüttet. Glücklicherweise wird niemand verletzt oder ge­tötet – so wie bei allen Gleisverschüttungen seit der Eröff­nung der Bahnlinie 1916. Das soll auch so bleiben. Dafür sorgt seit letztem Winter ein automatisches Lawinen­alarmsystem.

Automatischer Alarm

In sieben Lawinenzügen mit dem höchsten Risiko wurde ein umfassendes Messsystem in­stalliert. Es löst automatisch einen Alarm aus, um Kollisio­nen von Zügen mit Lawinen zu vermeiden. Im Sommer dient das gleiche System zur Alar­mierung bei Murgängen. Aller­dings wird in diesem Fall nur die Strasse mit Ampeln auto­matisch gesperrt, da das Risiko für die Bahn mit hohen Brü­cken erheblich geringer ist. «Vor der Einführung beurteilten die Gemeinde Oberried, das Strassenamt und wir von der Zentralbahn je mit einem eigenen System die Situation», er­klärt Andreas Schild, Teamleiter Unterhalt Süd. «Dazu stu­dierte man das Lawinenbulletin, das Wetter und die Situati­on im Einzugsgebiet.»

In sicherer Distanz

Bei grosser Gefahr von Lawinen zog die Zentralbahn eine Lawinenwache auf, um drei Lawinenzüge zu überwachen und notfalls eine Zugfahrt zu stoppen. Konkret hiess das, dass ein Mitarbeiter die Situation vor Ort beobachtete. Heute übernehmen Sensoren und Kameras diese gefährliche Ar­beit. «Die grössten Vorteile des neuen Systems sind, dass wir nun sieben Lawinenzüge automatisch und permanent über­wachen können und sich bei Lawinengefahr keine Mitarbei­tenden mehr im Gefahrenraum aufhalten müssen», so Schild weiter. Auch die Beurteilung der Situation und der Aus­tausch mit den Partnern haben sich deutlich vereinfacht, da das System wertvolle Informationen in Echtzeit liefert. Das Fazit von Andreas Schild nach dem ersten Winter: «Das Sys­tem hat sich gut bewährt. Wir konnten das Risiko nicht weg­räumen, aber stark reduzieren.

Arbeiten mit Tablets

Die Datenübertragung in Echtzeit vereinfacht auch in den Werkstätten der Zentralbahn die Arbeit. «Das ist für unsere Mitarbeitenden der grösste Vorteil der neuen digitalen Lö­sung», sagt Matthias Bütikofer, zuständig für Planung und Steuerung der Fahrzeugin­standhaltung. «Teamleiter und Betriebsführung erhalten je­derzeit eine aktuelle Übersicht der abgeschlossenen Arbeiten am Fahrzeug. Auch bei nach­träglichen Änderungen oder Störungsmeldungen kann rasch und ohne Überarbeitung von Dokumenten reagiert werden.» Rückblende: Bis vor zwei Jah­ren hat das Team der Planung und Steuerung sämtliche Arbeitspapiere und Checklisten in  Papierform an die Werkstatt übergeben. Auch die Auftrags­rückmeldung aus der Instandhaltung erfolgte ausschliesslich auf Papier. «Heute werden die Instandhaltungsarbeiten di­rekt via Tablet in unser System rückgemeldet.» Dazu gehö­ren unter anderem die Sichtkontrolle von Federung und Rad­satz oder das Nachfüllen von Fett zur Schmierung von Zahn­rad und Spurkranz.

Von den ständig aktualisierten Daten in der Instandhaltung profitieren auch die Gäste im Zug, wie Matthias Bütikofer sagt: «Durch den Zugriff aller Mitarbeitenden auf offene Störungen kann nach Abschluss der präventiven Aufträge selbstständig an Reparaturen gearbeitet werden. Das kann zu einer höheren Flottenverfügbarkeit und weniger störungs­bedingten Zugsausfällen führen.» Auch wenn die Software anfangs einige Kinderkrankheiten aufwies und Geduld ge­fragt war – Bütikofer will den digitalen Weg weitergehen: «Ich möchte nicht zurück. Das hartnäckige Verfechten der Digitalisierung zahlt sich langfristig aus.» 

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