Was Daten in Echtzeit bewirken.
Magazin09.05.2022Thomas Keiser
Digitale Lösungen vereinfachen Abläufe und minimieren Risiken. Auch bei der Zentralbahn. Zwei Beispiele zeigen, wie neue Technologien genutzt werden – in der Werkstatt und an den Lawinenhängen am Brienzersee.
Schnee, Schnee und nochmals Schnee im Januar 2021. Es herrscht grosse Lawinengefahr. Überall donnern Lawinen nieder, auch am Brienzersee. Die Bahnstrecke der Zentralbahn wird verschüttet. Glücklicherweise wird niemand verletzt oder getötet – so wie bei allen Gleisverschüttungen seit der Eröffnung der Bahnlinie 1916. Das soll auch so bleiben. Dafür sorgt seit letztem Winter ein automatisches Lawinenalarmsystem.
Automatischer Alarm
In sieben Lawinenzügen mit dem höchsten Risiko wurde ein umfassendes Messsystem installiert. Es löst automatisch einen Alarm aus, um Kollisionen von Zügen mit Lawinen zu vermeiden. Im Sommer dient das gleiche System zur Alarmierung bei Murgängen. Allerdings wird in diesem Fall nur die Strasse mit Ampeln automatisch gesperrt, da das Risiko für die Bahn mit hohen Brücken erheblich geringer ist. «Vor der Einführung beurteilten die Gemeinde Oberried, das Strassenamt und wir von der Zentralbahn je mit einem eigenen System die Situation», erklärt Andreas Schild, Teamleiter Unterhalt Süd. «Dazu studierte man das Lawinenbulletin, das Wetter und die Situation im Einzugsgebiet.»
In sicherer Distanz
Bei grosser Gefahr von Lawinen zog die Zentralbahn eine Lawinenwache auf, um drei Lawinenzüge zu überwachen und notfalls eine Zugfahrt zu stoppen. Konkret hiess das, dass ein Mitarbeiter die Situation vor Ort beobachtete. Heute übernehmen Sensoren und Kameras diese gefährliche Arbeit. «Die grössten Vorteile des neuen Systems sind, dass wir nun sieben Lawinenzüge automatisch und permanent überwachen können und sich bei Lawinengefahr keine Mitarbeitenden mehr im Gefahrenraum aufhalten müssen», so Schild weiter. Auch die Beurteilung der Situation und der Austausch mit den Partnern haben sich deutlich vereinfacht, da das System wertvolle Informationen in Echtzeit liefert. Das Fazit von Andreas Schild nach dem ersten Winter: «Das System hat sich gut bewährt. Wir konnten das Risiko nicht wegräumen, aber stark reduzieren.
Arbeiten mit Tablets
Die Datenübertragung in Echtzeit vereinfacht auch in den Werkstätten der Zentralbahn die Arbeit. «Das ist für unsere Mitarbeitenden der grösste Vorteil der neuen digitalen Lösung», sagt Matthias Bütikofer, zuständig für Planung und Steuerung der Fahrzeuginstandhaltung. «Teamleiter und Betriebsführung erhalten jederzeit eine aktuelle Übersicht der abgeschlossenen Arbeiten am Fahrzeug. Auch bei nachträglichen Änderungen oder Störungsmeldungen kann rasch und ohne Überarbeitung von Dokumenten reagiert werden.» Rückblende: Bis vor zwei Jahren hat das Team der Planung und Steuerung sämtliche Arbeitspapiere und Checklisten in Papierform an die Werkstatt übergeben. Auch die Auftragsrückmeldung aus der Instandhaltung erfolgte ausschliesslich auf Papier. «Heute werden die Instandhaltungsarbeiten direkt via Tablet in unser System rückgemeldet.» Dazu gehören unter anderem die Sichtkontrolle von Federung und Radsatz oder das Nachfüllen von Fett zur Schmierung von Zahnrad und Spurkranz.
Von den ständig aktualisierten Daten in der Instandhaltung profitieren auch die Gäste im Zug, wie Matthias Bütikofer sagt: «Durch den Zugriff aller Mitarbeitenden auf offene Störungen kann nach Abschluss der präventiven Aufträge selbstständig an Reparaturen gearbeitet werden. Das kann zu einer höheren Flottenverfügbarkeit und weniger störungsbedingten Zugsausfällen führen.» Auch wenn die Software anfangs einige Kinderkrankheiten aufwies und Geduld gefragt war – Bütikofer will den digitalen Weg weitergehen: «Ich möchte nicht zurück. Das hartnäckige Verfechten der Digitalisierung zahlt sich langfristig aus.»
Impressionen
Physische Ausgabe vom Magazin «hin und weg» – auch zum Abonnieren
Dies ist ein Beitrag aus dem Magazin «hin und weg». Die gedruckte Version finden Sie an den Bahnhöfen Engelberg, Sarnen, Stans und Meiringen, in allen Reisezentren sowie auf dem Zug. Gerne senden wir Ihnen das Magazin auch nach Hause. Schicken Sie dazu eine Mail an hello@zentralbahn.ch mit dem Betreff «Magazin hin und weg abonnieren» und Ihrer Postadresse als Nachricht.